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Augenzeugenbericht eines Bewohners vom Schönhauser Damm

„Die Flut erreichte uns erst nächsten Tag, also am 11. Juni 2013. Sie kündigte sich uns durch ein sehr lautes Rauschen an, das aus Richtung Wust zu kommen schien. In der Ferne konnten wir bereits das Wasser sehen, wir waren jedoch der festen Ansicht, dass es uns aufgrund unserer höheren Lage gar nicht erreichen würde. Welch ein Irrtum!

 

Wegen der landschaftlichen Gegebenheiten stieg das Wasser relativ langsam, erst nach zwei Tagen war der höchste Wasserstand erreicht. Nach und nach wurde unser Garten überflutet, als erstes stand das Hühnerhaus unter Wasser. Für unsere Enten und Gänse war die Flut eine willkommene Abwechslung, die Tiere fanden den ungewohnten See sehr angenehm.


Unsere Hühner allerdings waren gezwungen, sehr kurzfristig in die Werkstatt eines nicht betroffenen Nachbarhauses umzuziehen.


Natürlich war unsere, dem Hühnerhaus angegliederte Werkstatt, ebenfalls „Land unter“.

 

Das Wasser stieg nun von Tag zu Tag und wir versuchten verzweifelt, die Flut mit Sandsäcken und Plastikfolien einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Leider waren all unsere Bemühungen vergeblich, schließlich stand unser ganzes Grundstück unter Wasser.

 

Unsere Verzweiflung wuchs von Tag zu Tag, denn das Wasser war durch nichts zurück bzw. aufzuhalten. Unsere einzige Hoffnung war, dass das Erdgeschoss unseres Wohnhauses trocken bleiben würde und diese Hoffnung wurde Realität. Die Flut ergoss sich zwar in unseren Keller, aber alle anderen Teile des Hauses blieben gottseidank verschont.

 

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Bild2
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Unbenannt

Kellerabgang, durch den das Wasser seinen Weg fand

 

Nachdem bundesweit über die Flutkatastrophe in sämtlichen Medien berichtet worden war, blieben auch die allseits beliebten „Katastrophentouristen“ nicht aus. Was für Menschen kamen da zu uns, Menschen mit gezückten Fotoapparaten und Videokameras, die sich an unserem Unglück ergötzten. Wir waren tatsächlich gezwungen, aus Angst vor Plünderern nachts Wachen aufzustellen, da die Flutgeschädigten vorsorglich ihr Hab und Gut aus den Häusern ins Trockene geschafft hatten.

 

Auf der anderen Seite kamen auch Leute, die sich ungefragt an den Hilfsmaßnahmen beteiligten, Sandsäcke füllten, transportierten oder einfach anderweitig eine große Hilfe waren. Im Namen aller von der Flut auf dem Damm Betroffenen möchten wir uns bei diesen Helfern sehr herzlich bedanken.

 

Die Dorfstraße war während der Flut die ganze Zeit befahrbar, es waren jedoch viele Anwesen unterhalb der Dorfstraße in Richtung Schönhausen überschwemmt.


Es bestand lediglich eine einzige Verbindung nach draußen über die Bundeswehrstraße und die B188 in Richtung Rathenow, die Bundesstraße in Richtung Tangermünde war natürlich nicht mehr befahrbar. So waren unsere Bewohner in der Lage, Lebensmittel für alle sowie Benzin für die Aggregate zu beschaffen, denn der Strom vom Versorger fiel am 14. Juni für 14 Tage aus – eine Ewigkeit für uns alle. 


Erst da wurden wir uns bewusst, wie sehr ein jeder von der Stromversorgung abhängig ist. In dieser Zeit konnten wir – abgesehen vom Betrieb mit Generatoren – überhaupt kein Elektrogerät nutzen. Seit dieser Zeit wissen wir elektrische Energie im Alltag erst so richtig zu schätzen!

 

Offizielle Hilfe gab es für die Dammschen keine, denn wir mussten nicht evakuiert werden. Der Zusammenhalt unter den Bürgern hatte sich in dieser Zeit sehr positiv entwickelt, jeder half jedem mit allem, was er selbst entbehren konnte. Es wurde für alle gekocht, glücklicherweise besaßen noch einige Familien einen Gasherd; denn die Anzahl der Stromaggregate war für alle Bewohner nicht ausreichend, um die Hochwassergeschädigten gleichzeitig mit Strom zu versorgen. So planten wir, wann welches Haus mit einem Aggregat versorgt werden konnte. Es ging hauptsächlich darum, Kühl- und Gefrierschränke zumindest zeitweise am Laufen zu halten, darüber hinaus mussten die Abwasserpumpen betrieben werden, um vollgelaufene Häuser oder Keller vom Wasser zu befreien.

 

Unser großes Glück war es, nicht evakuiert werden zu müssen. Die Bürger Schönhausens und Hohengöhrens mussten dieses Schicksal erleiden und waren deshalb nicht in der Lage, sich entsprechend um ihr Eigentum kümmern zu können. So schlimm die Flut auch war, sie hatte trotzdem ein Gutes: Die Menschen auf dem Damm kamen sich durch dieses Unglück wieder näher, ein Gemeinschaftsgefühl, das lange Zeit vermisst worden war.